Meister Shangshi
Bereits in seiner Kindheit verspürte Meister Shangshi eine Sehnsucht nach innerer Freiheit, denn er beobachtete, wie all die Menschen um ihn herum in ihren Problemen und Alltagssorgen feststeckten und sich nicht daraus lösen konnten. Auch er fühlte sich unfrei, gefangen in seinem Karma, in seiner eigenen Lebensgeschichte.
Um eine Lösung für dieses Problem zu finden, begann er schon früh sehr ernsthaft Methoden des Daoismus zu studieren. Bereits als Jugendlicher suchte er in ganz China nach den besten KungFu-Meistern, um von ihnen XinYi KungFu und den Mian Stil zu erlernen. Seine Wissbegierde machte ihm zum Meisterschüler seiner KungFu-Trainer. Trotzdem fand er die ehrsehnten Lösungen für seine Probleme nicht. Er vertiefte seine Suche in unterschiedlichen alchemistischen Methoden.
Zeitgleich begann er die I Ging-Lehre und die Feng Shui-Lehre zu studieren. Auch studierte er an der Universität Akupunktur und Kräutermedizin. Aber keine Methode konnte seine Probleme gänzlich lösen. Keine Methode gab ihm eine Antwort auf die tiefste Frage seines Lebens: Wie kann ich zur absoluten Freiheit gelangen?
Gerade als er aufgeben wollte, führte ihn die Lebendigkeit zu einem Meister, der die langersehnte Antwort kannte. Dieser Meister lebte in den Bergen des tibetischen Teils von Sichuan, wohin ein Freund ihn eingeladen hatte.
Bei ihrer ersten Begegnung sagte der Meister einen Satz, der Shangshi tief im Herzen berührte: `Das Wasser der Gebirgsseen war immer rein und klar´. Sofort wusste Shangshi, dass dieser Meister die Wahrheit kennt und ihn in die Freiheit führen kann. Dafür war Shangshi bereit alles aufzugeben, was er bis dahin gelernt hatte. Er blieb in den Bergen bei dem Meister, einem Linienhalter der uralten buddhistischen Dzogchen-Tradition Yamdi, in der es um das Erkennen der wahren Realität und um das Eintreten in die grenzenlose Freiheit geht.
Der Meister zeigte Shangshi nicht sofort den kurzen Weg, sondern Praktiken aus dem langen Weg des tibetischen Buddhismus. Shangshi verbrachte einige Jahre dort, im tibetischen Gebiet der Kang und studierte sehr ernsthaft Mantren, Meditationen und andere Praktiken des Tibetischen Buddhismus.
Monatelang ließ ihn sein Meister bei eisiger Kälte, Hunger und großen Entbehrungen praktizieren und in Steinhöhlen meditieren. Damit testete er den Willen und das Durchhaltevermögen seines Schülers und bereitete ihn auf seine spätere Lehrertätigkeit vor. Im Rahmen seiner Tantrayana-Praxis erreichte Shangshi den höchsten Grad eines Rinpoche.
Immer wieder lebte er viele Monate am Stück in den Bergen. Ab und zu kehrte er in die Stadt zurück, verdiente Geld für den nächsten Aufenthalt und setzte das Erlernte im Alltag um. Erst nach vier Jahren aufopferungswürdiger Praxis, eröffnete ihm sein Meister: `Nun bist du bereit: Jetzt weise ich dich in den kurzen Weg ein!´ Anderthalb Jahre später vollendete Shangshi diesen Weg.
Durch die vorhergegangene intensive Praxis des langen Weges erkannte er schlagartig den Unterschied vom langen zum kurzen Weg. Er konnte den kurzen Weg sofort als einzig wahren Weg erkennen, ihn wertschätzen und ihm absolut vertrauen. Er wusste, dass kein anderer Weg als der kurze Weg ihm zum Erwachen führen würde. Dafür gab er alles.
Nach seinem Erwachen machte sein Meister ihn zum Linienhalter der uralten Dzogchen-Linie `Kunzang Yamdi´ aus der `Aro´-Tradition (benannt nach Aro Yeshe Jungne, 10. Jh.). Kunzang heißt Kuntuzangpo, der tibetische Name für Adibuddha Sri Samantabhadra. Yamdi bedeutet: Essenz der Essenz. Kunzang Yamdi geht in einer nie unterbrochenen Linie zurück auf Garab Dorje, dem ersten menschlichen Meister des Dzogchen. Er lebte etwa im 5./6. Jahrhundert.
Sein Meister gab Shangshi die Aufgabe, den Weg zum Erwachen an Menschen wie uns, die außerhalb alter Traditionen leben, weiterzugeben.
Einige Jahre später wurde Shangshi zudem Meister des chinesischen Zen-Buddhismus. Durch eine Herz-zu-Herz-Übertragung von Shen Hui (*670, † 762), dem direkten Schüler des sechsten Patriachen des chinesischen Zen-Buddhismus Hui Neng (* 638; † 713) erhielt Meister Shangshi die Weisheit des chinesischen Zen-Buddhismus, dessen Begründer sechs Generationen zuvor Bodhidharma (* um 440; † um 528) war.
Meister Shangshi unterrichtet den Weg zum Erwachen in die Realität des Seins, den er den `Living Dao´ nennt, unabhängig von jeglicher Religion. Trotzdem greift er in seinem Unterricht auf das Wissen seiner uralten Tradition zurück und zeigt teilweise auch uralte buddhistische Praktiken. Seit 2006 gibt er regelmäßig Seminare in Deutschland, in Holland und Belgien.
Als Buddha erwachte, war sein erster Satz:
`Alle Menschen sind Buddhas,
sie wissen es bloß nicht.´